Mit 25 Ja-Stimmen und 11 Nein-Stimmen wurde gestern Abend der "Haushalt 2024" beschlossen. SPD, CDU und FDP sprachen sich für den Haushalt aus, während die Grünen gegen diesen stimmten.
Wir hatten uns ebenfalls gegen den Haushalt 2024 ausgesprochen und dagegen gestimmt. Sie finden nachfolgend unsere gestrige Haushaltsrede in Wort und Schrift:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
werte Ratskolleginnen und Ratskollegen,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
sowie liebe Bürgerinnen und Bürger unserer Bergstadt,
Ich möchte die Haushaltsrede der Initiative Oerlinghausen so beginnen, wie ich unsere letzte in 2022 abgeschlossen habe. Mit der damalig sinnbildlichen Ausführung: »Wem das Wasser bis zum Halse steht, der darf nicht noch den Kopf hängen lassen«.
Das Wasser steht uns mittlerweile nicht mehr nur bis zum Halse, sondern weit über dem Kopf. So weit, dass wir ertrags- und kostentechnisch, in allen (Fach-)Bereichen unserer Stadt, mächtig ins Schwimmen geraten.
Schwimmen, ganz ohne Freibad, wer hätte das gedacht?
»Apropos Freibad«, was wir deutlich vermissen ist eine Planung, die über den Beckenrand hinausgeht: Unsere Haushaltsplanung sieht weder in diesem, noch in den nächsten Jahren eine Unterstützung der Stadtwerke bei diesem Millionen-Projekt vor! Das Ziel »Freibadneubau« verkommt – genauso wie der Standort selbst – immer mehr zu einer alten, verblassenden Erinnerung.
Dabei ginge es auch anders: Finanzmittel, die zur Stärkung der Stadtwerke in den Haushalt hätten eingestellt werden können, werden seitens der Verwaltung und dem Dreierbündnis – bestehend aus SPD, CDU und FDP – lieber für Eventualitäten »geparkt«. Dabei stehen unserer Stadt und der Stadtwerke, neben dem Freibadneubau, noch ganz andere Herausforderungen bevor. Da wäre die Energiewende, sowie die Wärmewende, resultierend aus der noch aufzustellenden »kommunalen Wärmeplanung«.
Dabei ist Planung das richtige Stichwort und »Maß halten« wäre die richtige Devise. Statt ein Wahlgeschenk in Form einer Photovoltaik-Förderung zu verteilen, wäre es angebrachter, wenn wir als Stadt selbst in diese Technologie investieren würden, um damit unsere eigenen Kosten zu senken. Dabei steht uns allerdings etwas im Weg: wir selbst! Denn genau das geht eben nicht! Die Ausstattung öffentlicher Gebäude mit Photovoltaik-Anlagen wurde alleinig der Stadtwerke über- und aufgetragen. Dafür lässt man sie dann aber auch allein mit dieser Aufgabe, denn wie schon erwähnt, fehlen dafür die notwendigen Finanzmittel. Diese sind auch mehrheitlich nicht angedacht. Planung mit Weitsicht sieht anders aus!
»Dreierbündnis«: Das soll keine Wertung sein! Ganz im Gegenteil, Bündnisse sind aktueller denn je und dass »Bündnis für Demokratie« zeigt ganz klar, dass diese temporär erforderlich sind. Wir halten viel von einigen dieser Fraktionsmitglieder, die wir näher kennenlernen durften und zu denen das Verhältnis sich – im Vergleich vor zwei Jahren – verändert hat. Es geht halt nur gemeinsam. Dennoch müssen eine ergänzende Ansicht oder eine andere Sichtweise erlaubt sein. Vielmehr noch, muss die Möglichkeit des Diskurses erhalten bleiben. Man darf in einigen Punkten anderer Meinung sein, doch in vielen Dingen sind die Positionen gleich.
Das hat dieses Jahr das Sporthaus in Helpup gezeigt. Ein Anliegen, das schon seit Jahren und in vielen Haushaltsreden thematisiert wurde. 275.000,- Euro wurden für die Umsetzung der ersten Phase eingestellt. Durch die ehrliche Einschätzung und Prognose des Fachbereichs ist die anfängliche Euphorie unserseits allerdings schon verflogen. Ein Sporthaus – ganz gleich in welcher Ausführung – wird es dieses Jahr wohl nur auf dem Reißbrett geben. Es ist zu hoffen, dass zum Ende des Jahres die Ausschreibungen abgeschlossen und entsprechende Anträge auf den Weg gebracht wurden.
Dass die Maßnahme mit Vehemenz umgesetzt und die eingestellten Mittel nicht anderweitig ausgegeben werden, muss durch die Fachausschüsse und den Rat kontrolliert und nachverfolgt werden. Eine Frage zum Sachstand und das zum Ende des Jahres, wie es bisher praktiziert wurde, ist nicht ausreichend. Die Erwartungen an dieses Projekt sind groß, die Absichten löblich, die eingestellten Finanzmittel stimmen positiv und haben beschwichtigenden Charakter. Jetzt darf es nur an der Umsetzung nicht mangeln.
Das »WIE«, nämlich wie die im Haushalt finanziell dar- und eingestellten Maßnahmen in den nächsten acht Monaten umgesetzt werden, liegt in der Verantwortung des Bürgermeisters und der Fachbereiche. Die Überprüfung und Kontrolle dieser Umsetzung obliegt allerdings uns, den Fraktionen! Es ist unsere Pflicht, aber zugleich auch unser Recht. Wir können versprechen: Wir werden auch in diesem Jahr von diesem Recht Gebrauch machen, um dieser Pflicht Genüge zu tragen.
In der Lokalpresse wurde vergangene Woche das Entwicklungskonzept für das Schulzentrum betitelt mit: »Drei ziehen an einem Strang«. Das ist löblich, sollte aber zumindest um die Tatsache ergänzt werden, dass dieses Thema zu Beginn des Jahres verwaltungsseitig im Ältestenrat platziert und dort kontrovers diskutiert wurde. Eine Diskussion, die der Öffentlichkeit vorenthalten wurde, indem diese Thematik als kurzfristige Tischvorlage im Hauptausschuss platziert wurde, statt diese in die Fachausschüsse einzubringen. Der Grad zwischen Vorreiter und Steigbügelhalter ist wahrlich schmal und ganz gleich wie viele an einem Strang ziehen, oftmals sind es andere, die im Hintergrund die Strippen ziehen.
Den Ansatz dieser umfassenden Analyse können wir teilen. Die weiterführenden Schulen sind für unsere Stadt von großer Bedeutung. Eine ganzheitliche Gesamtbetrachtung ist eindeutig von Vorteil, sodass wir mit diesem Vorstoß ein weiterführendes Gesamt-Schulkonzept (!) für das Zentrum erhalten.
Dieser Vorstoß ist allerdings nicht nur überfällig, seine Notwendigkeit ist durchaus hausgemacht. Sanierungsstau entsteht nicht von allein und schon gar nicht von heute auf morgen. Jedoch sind einige der jüngsten Entscheidungen durchaus symptomatisch für dieses Resultat. Da werden notwendige Erhaltungsmaßnahmen zum Schutz der Gebäudesubstanz ignoriert und wissentlich Schäden nicht behoben. Für dieses symptomatische Verhalten gibt es in der Humanmedizin einen Begriff: »Münchhausen-Syndrom«. Es ist der Drang, eine Erkrankung und damit einen Mangel unbedingt beizubehalten, um Aufmerksamkeit und entsprechende Hilfemaßnahmen für sich beanspruchen zu können.
Den zuvor geschilderten Vorgang in unserer Stadt könnte man daher als »Oerlinghausen-Syndrom« bezeichnen: Statt Abhilfe zu schaffen und substanzschädigende Mängel zu beheben, lassen wir die Mängel samt Folgeschäden voranschreiten und wundern uns hinterher über gestiegene Sanierungskosten.
Lassen Sie uns zur vorbereitenden Planung des Haushaltes kommen. Hier wurden seitens der Fraktionen einige Maßnahmen zurückgestellt, verschoben und andere priorisiert behandelt. Was allerdings schon sehr bezeichnend ist, sind die Anpassungen grundlegender Kennzahlen, die bei den Fraktionen einen Störfaktor bildeten: Die von der Verwaltung angenommenen Gewerbesteuereinnahmen wurden erhöht und deren Personalkostenplanung gesenkt! Planzahlen, die fraktionsübergreifend nicht verlässlich erscheinen, sind eine unzureichende Grundlage für einen soliden Haushaltsentwurf.
Des Weiteren wurden diverse Positionen verwaltungsseitig deutlich angehoben, wohlwissend dass dies nur Spielmasse ist, welche die Verwaltung selbst als »Platzhalter« bezeichnet. Bei anderen Positionen fehlen dahinterstehende Maßnahmen, dennoch werden diese gerne auch mal verdoppelt.
Dem gerade Gesagten gegenüber werden freiwillige Leistungen prozentual und pauschal um ein Viertel reduziert. Statt Bewertung und nachvollziehbare Entscheidungen, nur Pauschalisierung ohne tiefergreifenden Sinn.
Das Investitionsvolumen in die Gebäudeerhaltung sollte einen positiv stimmen. Sollte es das wirklich? Über die Hälfe dieser Investitionssumme ist letztendlich für gesetzliche Pflichtmaßnahmen (wie z.B. den Brandschutz) aufzubringen. Maßnahmen, die bereits seit Jahren erforderlich sind, allerdings bis zum heutigen Tag hinausgezögert wurden.
Wie die Zusammenfassung zum Bericht des letzten Jahresabschlusses gezeigt hat, weisen die Jahresabschlüsse im Nachgang deutliche Verbesserungen auf. Bei der Haushaltsplanung noch ein defizitäres Ergebnis, liegt beim Jahresabschluss ein positiver Überschuss vor. Eine deutliche Planabweichung, die allerdings nicht zustande kommt, weil im Nachhinein besser gewirtschaftet wurde. Ganz im Gegenteil, viele der Projekte sind wesentlich teurer geworden. Im Gegenzug wurden aber so viele Maßnahmen nicht umgesetzt, dass dies letztendlich zu den positiven Ergebnissen der letzten Jahre führt. Zu einer verlässlichen Planung gehört auch eine konsequente Umsetzung der im Haushaltsjahr geplanten Maßnahmen.
Das Damoklesschwert der Haushaltssicherung schwebt über uns und ist daher ein probates Mittel, um Gebührenerhöhungen jeglicher Art argumentativ durchzusetzen. Es ist natürlich einfacher Kostensteigerungen in vollem Umfang und direkt an die Bürgerschaft weiterzugeben, anstatt bei sicher selber anzusetzen und Prozesse (beispielsweise durch die Digitalisierung) effizienter zu gestalten.
Die Ereignisse der letzten Jahre und deren Auswirkungen sind weiterhin fordernd und einschränkend zugleich. Dieser Realität haben wir uns gestellt. Es täte dieser Stadt gut, wenn auch andere Entscheidungsträger uns folgen und diese Erkenntnis erlangen würden:
Wir müssen sparen, vielmehr müssen wir uns mäßigen und das über die nächsten Jahre, vielleicht sogar über das nächste Jahrzehnt hinweg! Unsere Aufgabe als Rat und Kommunalpolitik ist es, zu unterscheiden was wirklich wichtig ist und was absolut nicht geht. Wer lieber eine halbe Million Euro für den Wunschtraum eines Grundstückskaufs zur Seite legt, statt dieses Geld für notwendige Sanierungsmaßnahmen aufzubringen, zeigt damit, dass die bisherigen Aussagen nur Lippenbekenntnisse waren.
Am Ende bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion bei der Verwaltung für die Begleitung unserer fraktionsinternen Haushaltsgespräche und die Bereitschaft, unsere doch teilweise sehr umfangreichen Fragen zu beantworten. Darüber hinaus schätzen wir den einen oder anderen Meinungsaustausch sehr, auch wenn wir eben nicht immer der gleichen Meinung waren und sind.
Zusammenfassend kann man sagen: Oerlinghausen hat konkrete Problemstellungen, aber keine allgemeinen Zielvorgaben, die konkretisiert und messbar sind. Dies könnte durchaus der letzte Haushalt vor einer Haushaltssicherung gewesen sein. Nur in einem geringen Maße, aber dennoch selbstbestimmt gestaltbar.
Daher braucht es mehr als einen Haushalt der Platzhalter, Pauschalisierungen und der Idealplanung. Es braucht einen Haushalt der Konkretisierung und Realplanung. Daher wird der finale Haushaltsentwurf von der Initiative Oerlinghausen nicht mitgetragen.
Unsere Fraktion wird diesem nicht zustimmen.