Bedingungs|Los geht es...

Vor genau einer Woche und ungefähr um diese Zeit, wurde in der Ratssitzung der vorhabenbezogene Bebauungsplan "Wohnen an der Schulstraße" beschlossen.


Wir haben uns – genauso wie die Anwohner:innen und die Stadteilbürger:innen – nie gegen den Grundgedanken gestellt, sehr wohl aber gegen die Massivität und vor allem die Verfahrensweise.

 

So wurde in fast vier Jahren nicht eine einzige Informationsveranstaltung seitens des Projektplaners und/oder der Verwaltung initialisiert. Ein entsprechender Antrag unserseits wurde gar mehrheitlich im Bauausschuss abgelehnt.

 

"Der Planer geht nicht ohne Vorgaben über Los" hätte es heißen können, denn die Grünen hatten sehr sinnvolle Anträge eingebracht. Dabei ging es unter anderem um den Erhalt des "Zauberwäldchens", das eine grüne Begegnungsstätte für Jung und Alt hätte werden können.

 

Ein weiterer Vorschlag – der zudem vom Kreis Lippe als Einwendung eingebracht wurde – bezog sich darauf die Bäume im Plan dazustellen und zu erhalten. Für diesen und alle anderen Vorschläge fand sich allerdings keine politische Mehrheit, denn nur die Grünen und die Initiative stimmten dafür.

 

Der Ausruf des Klimanotstandes in Oerlinghausen wird somit zunehmend zu einem Lippenbekenntnis.

 

Die schattenspendenden und über 100 Jahre alten Bäume – darunter auch meterhohe Eichen – müssen weichen.

 

Da der Projektplaner im Bauausschuss anwesend war, bot sich ein letztes mal die Möglichkeit projektbezogene Fragen stellen zu können.

 

Die erste Frage ging allerdings an die Verwaltung, denn wenige Tage zuvor und im Ausschuss selbst, wurde nochmal darauf hingewiesen, dass die verbleibende Fläche laut Schulbaurichtlinie vollkommen ausreichen würde. Uns war es wichtig zu erfahren, ob zur Schulhofhalbierung auch jene befragt und mit einbezogen wurden, die tagtäglich mit diesem Umstand leben und arbeiten müssen! Daher fragten wir ob an, hierzu auch die Meinung seitens der Schulleitung und des Lehrerkollegiums vor Ort eingeholt wurde und wie dieses lautete.

Die Antwort war ernüchternd und kurz: Dies war nicht bekannt! Es ist schade, dass dieser Einbezug versäumt wurde. Dabei wäre eine Einbeziehung maßgeblich gewesen, zeigt aber, dass die Hinzunahme von Betroffenen und der Austausch auf allen Ebenen nicht vollzogen bzw. gewünscht wurde. Eine Halbierung ist für die Betroffenen eben nicht erstrebenswert.

 

Im weiteren Verlauf befragten wir Herrn Güttler zum Thema "bezahlbarer Wohnraum". Denn die Nichtplanung einer Tiefgarage wurde und wird weiterhin von den befürwortenden Fraktionen mit dem fadenscheinigen Argument verteidigt, dass damit "bezahlbarer Wohnraum"" geschaffen würde. Es gibt allerdings keine Vorgaben seitens der Politik, die diese These stützt und einen Betreiber konnte oder wollte der Planer bisher auch nicht explizit nennen. Dies würde man generell nicht im Vorfeld klären, sondern sich erst dann darum kümmern, wenn das Projekt genehmigt verabschiedet wurde..

Dies war die Aussage auf unsere Frage, ob Quadratmeterpreise von bis zu 16,- Euro im realistischen Rahmen dessen liegen, was Betreiber nehmen, die der Portarion bekannt sind. Ein Dementi konnten wir nicht vernehmen.

 

Auch auf die letzte Frage gab es keine eindeutige Aussage, vielmehr wechselnde Antworten, die sich gegenseitig aufhoben.

Denn auf die Frage, wer das Projekt umsetzen werde und ob aktuell bereits schon Verkaufsgespräche liefen, hieß es erst, dass man generell nur Konzepte erstelle, die dann durchgereicht werden und es Gespräche mit lokalen Interessenten gebe. Dann wiederum konnte man sich doch vorstellen selber zu bauen - vielleicht...

Die Aussagen zu Konzept, Betreibern und Partnern waren schon immer vage ausgedrückt und wenig verbindlich. Daran hatte sich auch in der letzten Sitzung nicht viel geändert. Es hatte den Anschein, dass es hier nicht darum geht Stadtteilentwicklung in der Form zu betreiben, dass ein Vorhaben geplant und gemeinschaftlich umgesetzt wird!

Vielmehr hat es den Anschein, ein möglichst investorenfreundliches Gesamtpaket zu konzipieren, um dieses dann möglichst gewinnbringend weiterzuverkaufen! Obwohl eine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefallen war und obwohl zumindest das städtische Grundstück noch weit von einem Verkauf entfernt ist, gibt es bereits  die Bestrebungen, das Projekt an einen Interessenten durchzureichen.

Letztendlich hat uns dies in unserer Entscheidung gefestigt.

 

Wir sind gespannt wann die ersten Modifikationen kommen werden...

 

Alle Informationen zum Tagesordnungspunkt finden Sie im Ratsinformationssystem unter:https://ratsinfo.oerlinghausen.de/vorgang/?__=UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZYJoiS3mTu5MKuiLi12QAkM

 

Zum Abschluss anbei unser komplettes Statement, das am Ende der Sitzung verlesen wurde:

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich kenne den Bereich um den Grundschulstandort sehr gut, denn ich bin in diesem Stadtteil aufgewachsen, bin als Schüler auf diese Schule gegangen, habe meine große Tochter durch ihre Grundschulzeit begleitet und wünsche mir auch für meine Jüngste einen sorgenfreien und unbeschwerten Grundschulbesuch. So geht es nicht nur mir und meiner Familie, so geht es hundert anderen Familien im ganzen Stadtteil.

Wenn Sie also davon ausgehen, dass ich für ein Vorhaben bin, das einen Grundschulstandort massiv schwächt, liegen Sie falsch, denn es gibt nach meiner Überzeugung ganz entscheidende Argumente, die gegen eine Bebauung mit dieser Massivität sprechen.

Das Bauvorhaben ist weiterhin viel zu groß, es sprengt klar das bauliche Umfeld, zusätzlich gibt es große Bedenken zur Schulwegsicherung und erhebliche Zweifel am Bedarf. Denn dieser wurde nie ermittelt und orientierte sich somit immer an den Erwartungen des Planers.

Eine verwaltungsseitige Beteiligung mit Diskussion hat im Stadtteil nie stattgefunden.
Keine Planung mit Maß, keine Freiräume und niemals gemeinsam mit den Menschen und Akteuren im Stadtteil. Der Planer hat sich stattdessen immer wieder die Rosinen rausgepickt, neue Fakten geschaffen, so spät wie möglich informiert und dann in einem Maß nachgebessert, um noch größere Vorteile rauszuholen. Mehr als „kosmetische Reparaturen“ an einer verkorksten Fehlplanung sind aber nicht gelungen.

SPD, CDU und FDP verteidigen – unter dem Deckmantel des Wählerwillens und dem Scheinargument von „bezahlbaren Wohnraum“ – ein Bauvorhaben, gegen das zurecht weiterhin massive Vorbehalte bestehen. Die vielen hundert Unterschriften und die gefühlt genauso vielen Verbesserungsvorschläge wurden schlichtweg ignoriert.

Die Schulhoffläche möchte man nicht kaufen, diese jedoch bei der Planung mit einbeziehen. Wo zu Beginn noch Gebäudeabschlüsse und Begrünung angedacht war, sollen mittlerweile Autos ein Zuhause finden, noch mehr Spiel- und Pausenhoffläche geht dadurch verloren. Ein klarer Rückschritt und Schwächung des Grundschulstandortes. Das sieht auch die Schulleitung und das Lehrerkollegium so, allerdings gehört es zur Verfahrensweise, dass Betroffene nicht mit einbezogen und am besten auch nicht angehört werden.

Stadtteilentwicklung – sehr geehrter Herr Güttler und liebe Ausschussmitglieder – betreibt man mit den Menschen zusammen; achtet und schätzt deren Meinung; ihre Ängste und Sorgen. Sie vermitteln – mit der politischen Mehrheit im Rücken – jedoch das Gegenteil und schätzen am Ende gefühlt nur die zu verdienende Provision oder den millionenschweren Verkaufsdeal.

Der finale Entwurf beschreibt weiterhin nicht den Wunsch einer Gemeinschaft, sondern nur den Willen eines einzelnen Profiteurs.

Dabei gab es Alternativen, die von echten Investoren betrieben wurden, Investoren die die Absicht hatten, nicht nur die Planung, sondern und auch die Umsetzung – inkl. Tiefgarage – vorzunehmen.

Ein großer Unterschied zum laufenden Verfahren, bei dem der Planer bereits vor der Entscheidung dieses Ausschusses, seine ersten Verkaufsgespräche führt.

Erinnern wir uns abschließend an eine Bauausschusssitzung, in der die CDU zu diesem Thema sich wie folgt geäußert hat: „Die Neuplanung hat Kritikpunkte aufgegriffen und es sind einige wesentliche Verbesserungen zu erkennen. Es sind aber auch noch Kröten zu schlucken.“

Man verkauft der Bürgerschaft diese Kröten als notwendigen Kompromiss, wobei „sich verkaufen“ es am besten trifft. Wir widersprechen dieser Darstellung jedoch ausdrücklich, denn Ausschussmitglieder und die Bürgerschaft haben keine Kröten zu schlucken. Dies sollte dem Planer vorbehalten bleiben, mit klaren Vorgaben, die dieser Ausschuss eindeutig versäumt hat.

Man hat die Bürgerinnen und Bürger letztendlich zu „Betroffenen“ gemacht, dabei wäre es wichtiger gewesen, sie als „Mitgestalter“ zu gewinnen und zu beteiligen.

Dieses Versäumnis können wir keinesfalls akzeptieren und das sollten Sie – Liebe Damen und Herren im Publikum – auch nicht. Es ist traurig, dass es der Politik bis zuletzt nicht gelingen wollte, einen Kompromiss zwischen Stadtteil und Planer herbeizuführen.

Jedes einzelne meiner Argumente sollte das Projekt - aber vor allem den Gesamtvorgang in Frage stellen. Alle Argumente zusammen verbieten nach meiner Überzeugung ein Vorhaben mit diesem Hintergrundwissen; die chancenlosen Alternativen waren weitaus aussichtsreicher!

Am Ende liegt es wohl doch wieder am Bürger für seine Rechte ein- und aufzustehen…